Psychotherapeutenkammer Bayern

Bericht zur 18. Delegiertenversammlung am 14.4.2011: Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung als Ziel

26. April 2011 - Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop leitete den Vorstandsbericht ein mit Überlegungen zu ethischen Aspekten aktueller Medienberichte über Katastrophen und Krisen und ordnete psychotherapeutische Themen in diesen Kontext ein. Vor dem Hintergrund der weiterhin steigenden Erkennungsrate psychischer Erkrankungen forderte er daran anschließend, die psychotherapeutische Versorgung dringend zu verbessern.

Die jetzige sogenannte Bedarfsplanung für die ambulante Versorgung unterstellt, dass der Versorgungsbedarf auf dem Land neunmal geringer sei als in Ballungszentren. So gelten im Bereich der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in Bayern auch besonders schlecht versorgte Planungsbereiche als „massiv“ überversorgt. Auf ein Erstgespräch müssen Patient/inn/en in Bayern im Durchschnitt 9,3 Wochen warten, bis zum Beginn einer Psychotherapie 19,6 Wochen, auf dem Land sogar 23,6 Wochen. Würde die vermeintliche Überversorgung an Psychotherapieplätzen auf 100 Prozent abgebaut, gäbe es alleine in München 502 Sitze weniger.

Den Vorstandsbericht präsentierte Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)

Melcop skizzierte die Forderungen der Psychotherapeutenschaft im Rahmen des geplanten GKV-Versorgungsgesetzes. Hierzu gehören u. a. eine prospektive integrierte Rahmenplanung, die Einbindung der Psychotherapeutenkammern in die Planungsgremien, die Anpassung der Bedarfsplanungsrichtlinie sowie die Abschaffung des Demografiefaktors. Im Weiteren stellte er die unterschiedlichen Aktivitäten der Kammer zum Versorgungsgesetz vor. Hierbei wurden u. a. mit dem bayerischen Gesundheitsministerium mehrfach Informationen ausgetauscht und Gespräche mit bayerischen Bundestagsabgeordneten sowie dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung Zöller geführt. Die Kammer hat darüber hinaus ihre Standpunkte u. a. bei einer Landtagsanhörung, gegenüber Landtagsabgeordneten, in der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, beim Bayerischen Gesundheitsforum und bei der Versorgungskonferenz des Bayerischen Gesundheitsministeriums vertreten.

Die 18. Delegiertenversammlung wurde von Ellen Bruckmayer (rechts) und Klemens Funk (Mitte) geleitet. (Foto: Johannes Schuster)

Reform von Studium und Ausbildung

Melcop ging auf die derzeit schwierige Situation von Studenten ein, die Psychotherapeut/in werden wollen. Die Student/inn/en sehen sich in Bayern mit der Situation konfrontiert, dass nach dem Bachelor-Studienabschnitt keine ausreichende Anzahl an erforderlichen Master-Studienplätzen zur Verfügung steht. Vor dem Hintergrund des hohen Versorgungsbedarfs müsse die Zukunft der Ausbildung dringend im Rahmen einer Novellierung des Psychotherapeutengesetzes geregelt werden. In diesem Zusammenhang gratulierte er Lisa Brendel, Sandra Vogts und Ariane Heeper, die als satzungsmäßige Gäste zu Vertreterinnen und Stellvertreterinnen in die Delegiertenversammlung für die Psychotherapeut/inn/en in Ausbildung gewählt wurden. Eine immer wieder diskutierte Mitgliedschaft von AusbildungsteilnehmerInnen in der Kammer ist derzeit aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Psychotherapie und Psychiatrie

Melcop berichtete über unterschiedliche Aktivitäten der Kammer im Bereich der Versorgung psychisch kranker Menschen unter dem Stichwort „Psychiatrie“, so auch über die Landtagsanhörung „Situation der ambulanten, teilstationären und stationären psychiatrischen Versorgung im Freistaat Bayern“ am 24.2.2011. Die Kammer konnte dort ihre Forderungen mit Hilfe einer Stellungnahme gut positionieren. In einem neu gegründeten Expertenkreis „Psychiatrie“, den das bayerische Gesundheitsministerium eingerichtet hat, wurde die Kammer zum festen Mitglied des geschäftsführenden Gremiums benannt und ist an der bisher einzigen Arbeitsgruppe des Expertenkreises „Demenz“ beteiligt.

Umfrage Berufseinsteiger: Ergebnis liegt vor

Die Kammer hat zu Beginn 2011 alle 292 Neuapprobierte der Jahre 2009 und 2010 mit Hilfe eines Fragebogens zu verschiedenen Bereichen befragt. Der Rücklauf lag bei 53 %. Die Kernergebnisse wurden erläutert: 86,5 % der Befragten sind weiblich. 59 % sind im Angestelltenbereich tätig, 39,1 Prozent sind selbstständig. Insgesamt gibt es nur eine mittlere Zufriedenheit mit der Tätigkeit. Bei 53,8 % der Befragten gibt es den Wunsch, sich im nächsten Jahr beruflich zu verändern. D.h. die Mehrheit ist nach der Approbation noch nicht am beruflichen Ziel angekommen. 36,5 % der Befragten suchen einen Kassensitz.

Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) – quo vadis?

Melcop berichtete über die Ergebnisse der Ende Januar durchgeführten Wahlen in der KVB. In den Vorstands- und Gremienwahlen wurden Psychotherapeut/inn/en aus Führungspositionen ausgeschlossen. Hinsichtlich der von Dr. Ilka Enger, Vertreterin der Psychotherapeuten im KVB-Vorstand, Anfang April vorgestellten „Multikooperativen Behandlung“ im Rahmen der psychotherapeutischen Versorgung zeigte sich Melcop skeptisch.

Prävention, Früherkennung und Sucht

Melcop informierte über die Pressekonferenz des Münchner Bündnisses gegen Depression am 23.3.2011 mit dem Titel „Depression bei Kindern und Jugendlichen – Früherkennung stärken“ mit Beteiligung von Vizepräsident Peter Lehndorfer. Die Kammer war Kooperationspartner des 10. Suchtforums „Vom Tüchtigen zum Süchtigen … arbeitsmüde, erschöpft und ausgebrannt: Arbeiten bis die Helfer kommen!“. Vorstandsmitglied Heiner Vogel gab auf der Pressekonferenz zum Suchtforum ein Statement ab. Zu den Themen Spiel-, Computer- und Kaufsucht wurden verschiedenen Medien Interviews gegeben. Die Kammer ist auch im Präventionspakt Sucht des Gesundheitsministeriums involviert. Besonders engagiert hat sich die Kammer in der Prävention von Suchtgefahren durch Glücksspiel. Hierzu wurden dem Gesundheitsministerium Vorschläge unterbreitet. Eine Pressemitteilung hat die Einigung der Ministerpräsidenten zur Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages als unzureichenden Schutz vor Suchtgefahren kritisiert und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen.

Patientenschutz weiter verstärkt – Erfolg im Beihilfeverfahren

Es wurden unterschiedliche Aktivitäten zur Verbesserung des Patientenschutzes berichtet. Insbesondere hat die Kammer erreicht, dass die Patientendaten im Gutachterverfahren der Beihilfe künftig pseudonymisiert werden.

Elektronische Medien – Psychotherapeutische Teilleistungen

Melcop skizzierte die Chancen und Gefahren für Patient/inn/en und Psychotherapeut/inn/en hinsichtlich des Einsatzes elektronischer Medien. Er kündigte an, dass sich die Kammer in Kooperation mit den anderen Psychotherapeutenkammern weiter dieser Thematik widmen werde.

Kontroverse Diskussion zu einer möglichen Weiterbildungsordnung

Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel, Sprecher der von der Bundespsychotherapeutenkammer nach Beschluss des Deutschen Psychotherapeutentages (DPT) vom 15.11.2008 eingesetzten Kommission „Zusatzqualifizierung“, stellte ausführlich die von der Kommission in ihrem Bericht zusammengetragenen Für- und Gegenargumente zur Weiterbildung vor. Die 13. Delegiertenversammlung der PTK Bayern (23.10.2008) hatte den Vorstand beauftragt, sich um eine Änderung im Bayerischen Heilberufekammergesetz (HKaG) zu bemühen, die unseren Berufsgruppen prinzipiell die Einführung einer Weiterbildung ermöglicht. Waldvogel referierte den Beschluss des Vorstands der PTK Bayern vom 29.7.2010, der sich grundsätzlich für die Möglichkeit von Weiterbildungen in wissenschaftlich anerkannten Verfahren ausgesprochen hatte. Für den nächsten DPT am 13./14. Mai 2011 liegt ein Antrag vor, so informierte Waldvogel weiter, die Kommission „Zusatzqualifizierung“ zu beauftragen, bis zum darauffolgenden DPT Vorschläge zur Erweiterung der Musterweiterbildungsordnung vorzulegen, die für alle vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) anerkannten Verfahren eine geregelte Weiterbildung ermöglichen. In der Diskussion der Delegierten wurden insbesondere die Argumente gegen eine Weiterbildung hervorgehoben.

Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel berichtete über die Kommission „Zusatzqualifizierung“ und zum niedrigschwelligen Beschwerdemanagement. (Foto: Johannes Schuster)

Niedrigschwelliges Beschwerdemanagement: Delegierte wünschen Fortsetzung des Pilotprojektes „Anlaufstelle für Beschwerden zur Psychotherapie“

Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel informierte über die Ergebnisse des Pilotprojektes „Anlaufstelle für Beschwerden zur Psychotherapie“, das vom 1.8.2010 bis 31.12.2010 von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) angeboten wurde. An dem Kooperationsprojekt beteiligten sie neben der PTK Bayern auch die Psychotherapeutenkammern Baden-Württemberg und Berlin. Insgesamt gab es 204 Anfragen, ein Viertel davon waren allgemeine Fragen zur Psychotherapie und hatten keine Beschwerden zum Inhalt. Die Hälfte der Anfragen wurde über das anonyme Online-Portal der UPD gestellt. Im Abschlussbericht des Pilotprojektes wurde festgestellt, dass „eine unabhängige Beratung die Möglichkeit beinhaltet, Probleme von Psychotherapie-Patient/inn/en sichtbar zu machen und in das Gesundheitssystem zurückzumelden“. Die Delegierten beauftragten den Vorstand, sich in Verhandlungen mit der „neuen“ UPD um eine Fortsetzung des zum 31.12.2010 ausgelaufenen gemeinsamen Pilotprojektes zu bemühen.

Jahresabschluss 2010 einstimmig angenommen, Vorstand entlastet

Vizepräsident Peter Lehndorfer erläuterte detailliert den Jahresabschluss für das Jahr 2010. Nach der Stellungnahme des Finanzausschusses wurde der Jahresabschluss 2010 durch die Delegiertenversammlung antragsgemäß angenommen und der Vorstand entlastet. Beides einstimmig.

Vizepräsident Peter Lehndorfer informierte über den Jahresabschluss 2010 und stellte die Änderungen zur Wahlordnung vor. (Foto: Johannes Schuster)

Einstimmige Annahme des Jahresabschlusses 2010. (Foto: Johannes Schuster)

Der Vorstand wurde für das Haushaltsjahr 2010 einstimmig entlastet. (Foto: Johannes Schuster)

Immobilie für die Geschäftsstelle: Noch keine Entscheidung
Geschäftsführer Alexander Hillers berichtete über den aktuellen Stand zum geplanten Erwerb einer Immobilie für die Geschäftsstelle. Nach intensiver Prüfung und fortlaufender Risikoabwägung wurde klar, dass die neue Projektentwicklungsgesellschaft des Objektes in München-Laim die Anforderungen an den Gewerbebau leider nicht erfüllen kann. In einem weiteren Projekt läuft die Projektprüfung.

Korrektur der Gebührensatzung einstimmig angenommen
Die Gebühr für akkreditierte Fortbildungsträger bei Beantragung von Veranstaltungen von mehr als 1000 Fortbildungspunkten wird von 500 auf 400 Euro herabgesetzt. Die Änderung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bayerischen Staatsanzeiger in Kraft.

Änderung der Wahlordnung einstimmig angenommen

Vizepräsident Peter Lehndorfer erläuterte die geplanten Änderungen der Wahlordnung der PTK Bayern. Alle Änderungsvorschläge, die den Delegierten als Skript vorlagen, waren mit der Aufsichtsbehörde vorbesprochen und genehmigungsfähig. Nach Diskussion und minimaler Abweichung der vorgelegten Änderungen für § 5 (Auslegungsfrist soll mindestens vier Wochen betragen) nahmen die Delegierten die neue Wahlordnung einstimmig an.

Delegierte und Stellvertreter für die Bundesdelegiertenversammlung nachgewählt
Da die Zahl der Kammermitglieder weiter gestiegen ist, stehen der PTK Bayern für die diesjährigen Deutschen Psychotherapeutentage 15 (statt bisher 14) Bundesdelegierte zu. Als 15. Bundesdelegierter wurde Dr. Andreas Rose gewählt. Sein 1. Stellvertreter ist Rainer Cebulla, 2. Stellvertreterin Dr. Anke Pielsticker. Zum 1. Stellvertreter für Rudi Bittner (war bis jetzt Dr. Rose) wurde Gerhard Rudolf Müller gewählt.

Weitere Schwerpunkte der Delegiertenversammlung

Im Anschluss folgten die Berichte aus den Ausschüssen der Kammer für Aus-, Fort- und Weiterbildung (Rainer Knappe), für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen (Thomas Stadler) sowie Psychotherapie in Institutionen (Dr. Peter Dillig).

Danach informierten die satzungsgemäßen Vertreter der Ausbildungsinstitute (Susanne Färber) und der Psychotherapeut/inn/en in Ausbildung (Lisa Brendel) sowie der Hochschulen (Prof. Angelika Weber) über ihre Tätigkeit. Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop bedankte sich im Namen des Vorstands und der Delegierten bei Prof. Weber für ihr bisheriges Engagement und ihren Einsatz. Mitte Mai 2011 werden die satzungsgemäßen Vertreter der Hochschulen neu gewählt.

 
Am Ende der 18. Delegiertenversammlung skizzierte Eva Löser, Fachschaft Psychologie der LMU München, die Situation der Psychologiestudenten. Für die ersten Bachelor-Absolventen stünden im Wintersemester 2011/2012 nur sehr viel weniger Masterstudienplätze im Vergleich zu den Bachelorstudienplätzen in Psychologie zur Verfügung. Löser bat die Kammer um Unterstützung bei den Gesprächen mit den Vertretern des Bayerischen Gesundheits- und Wissenschaftsministeriums. Präsident Melcop sagte den Studierenden von Seiten der Kammer Unterstützung zu.

PTK Bayern

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