Psychotherapeutenkammer Bayern

Reform des Psychotherapeutengesetzes - Aktuelle Information für unsere Mitglieder. Stellungnahme zu einigen im Umlauf befindlichen unwahren Behauptungen

Wir haben die Mitglieder der PTK Bayern in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Informationen über den aktuellen Stand der Diskussion zur geplanten Reform des Psychotherapeutengesetzes in Kenntnis gesetzt und in unterschiedlichen Gremien und Veranstaltungen über das Thema diskutiert.

 

In letzter Zeit erhalten viele unserer Mitglieder wiederholt Zusendungen, in denen leider über diese Informationen und Diskussionen hinweggegangen wird und unwahre Behauptungen über die von den Kammern angestrebte Reform des Psychotherapeutengesetzes und der psychotherapeutischen Ausbildung in zugespitzter Form verbreitet werden. Da einige dieser irreführenden Behauptungen auch die PTK Bayern betreffen, können wir diese nicht unwidersprochen lassen.

Zuletzt wurde in einem Rundschreiben einer neu gegründeten „Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und Familientherapie“ (dgkjpf) mit Sitz in München behauptet, die bisher zur Ausbildungsreform in den Kammern geführten Diskussions- und Entscheidungsprozesse seien alles andere als demokratisch gewesen. Zudem seien die Mitglieder nicht informiert worden.

Dazu stellen wir fest, dass die Notwendigkeit einer Ausbildungsreform in den Kammern seit etwa zehn Jahren sehr intensiv und sehr breit diskutiert wird. Diese Diskussionen vollzogen sich in allen demokratisch verfassten Gremien unserer Kammern. In gleicher Weise wurden die psychotherapeutischen Berufs- und Fachverbände, die staatlich anerkannten Ausbildungsstätten und ihre Verbände, die psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken und die Hochschullehrer/innen der Psychologie und (Sozial-)Pädagogik in die Diskussion einbezogen.

Über diese Diskussionsprozesse wurde immer wieder in allen Veröffentlichungsorganen der Kammer (Mitgliederrundschreiben, Psychotherapeutenjournal, Homepage) ausführlich berichtet (exemplarisch sei auf das Heft 4/2013 des PTJ hingewiesen, in dem ein einleitender Beitrag die gesamte Reformdiskussion Revue passieren lässt). Zu Beginn des Jahres 2014 hat der Vorstand der PTK Bayern die Mitgliedschaft zu Mitglieder-Foren in vier verschiedenen bayerischen Regionen eingeladen, in denen die Ausbildungsreform und die hierzu in Diskussion befindlichen Modelle ein zentrales Thema waren. In diesen Mitglieder-Foren wurde erneut ausführlich informiert, und es bestand uneingeschränkt Gelegenheit, Kritik oder Gegenpositionen vorzutragen. Dabei wurde deutlich, dass das Vorgehen des Vorstands auf breite positive Resonanz traf und von den Mitgliedern befürwortet und unterstützt wurde.

Es ist aus unserer Sicht bedauerlich und unredlich, wenn nun für ein mögliches Versäumnis, die Informationen nicht wahrgenommen und sich an den öffentlichen Diskussionen in der Kammer nicht beteiligt zu haben, die Kammern verantwortlich gemacht werden.

In den letzten Monaten wurde auch beharrlich die Behauptung wiederholt, die Kammern wollten demnächst den Beruf der/des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in/en abschaffen. Auch diese unwahre Behauptung verweist entweder auf Uninformiertheit oder auf die Absicht gezielter Desinformation. Bereits vor drei Jahren haben Psychologische Psychotherapeut/innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen auf dem Deutschen Psychotherapeutentag (das „Bundes-Parlament“ der Psychotherapeutenschaft) gemeinsam dafür votiert, die beiden Berufe Psychologische/r Psychotherapeut/in und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in zusammenzuführen, da diese deutlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen und sowohl die beiden Berufsgruppen als auch die Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen davon profitieren können. Diesem Beschluss stimmten sowohl die Psychologischen Psychotherapeut/innen als auch die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen im Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) mit deutlicher Mehrheit zu. Die Behauptung, die Psychologischen Psychotherapeut/innen würden ihre Mehrheit ausnutzen, um die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen gegen deren Willen abzuschaffen, ist falsch. Auch die etablierten Berufs- und Fachverbände der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen unterstützen das Zusammenwachsen der beiden Berufe zu einem neuen gemeinsamen Beruf, auch weil in dieser neuen Struktur die spezifische Qualifikation für die Behandlung jeweils von Erwachsenen und von Kinder- und Jugendlichen in ausreichender Form vorgesehen ist. Die Kammern haben hierzu ein Berufsbild und daraus abgeleitet Kompetenzen formuliert, über die ausgebildete Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verfügen sollten. Dies bezieht Kompetenzen für die Behandlung Erwachsener und von Kindern und Jugendlichen ausdrücklich ein.

Der neu gegründete Verband geht ferner von falschen Voraussetzungen in seiner Argumentation aus: es gibt keine „Erwachsenenpsychotherapeuten“, sondern Psychologische Psychotherapeut/innen, deren Approbation nicht auf ein Alter beschränkt ist, sondern die zur Behandlung aller Altersstufen der Bevölkerung berechtigt. Daneben gibt es den Beruf der/des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in/en, deren/dessen Approbation auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr eingeschränkt ist. Deshalb können rein rechtlich gesehen Psychologische Psychotherapeut/innen per Zusatzqualifikation eine Abrechnungsgenehmigung für psychotherapeutische Leistungen mit Kindern und Jugendlichen erwerben, während eine analoge Regelung den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen gesetzlich immer verwehrt ist. Um die Behandlung von psychischen Erkrankungen bei den Eltern (damit ist nicht die begleitende Psychotherapie der Bezugspersonen gemeint!), die Durchführung von Familien- und Paartherapie und eine Weiterqualifizierung für die Behandlung erwachsener Patienten überhaupt möglich machen zu können, wie von dem neu gegründeten Verband gefordert, bedarf es der Aufhebung der Alterseinschränkung in der Approbation der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen. Dann aber gibt es rein rechtlich gesehen keinen Grund mehr, zwischen der Approbation für Psychologische Psychotherapeut/innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen zu differenzieren. Fachlich gesehen ist der Erhalt und Ausbau der Qualifikationsmöglichkeiten im Bereich der Psychotherapie mit einer Schwerpunktsetzung in den entsprechenden Altersgruppen auch weiterhin nötig und vorgesehen, um die Versorgung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen auch zukünftig auf hohem Niveau garantieren zu können. Das ist der Konsens in den Psychotherapeutenkammern, der sich im Berufsbild und im Kompetenzpapier der AG des Vorstands und Länderrats der BPtK widerspiegelt. Die Papiere wurden und werden auf den Deutschen Psychotherapeutentagen intensiv diskutiert. Die Behauptung, Kammern und Verbände würden die psychotherapeutische Ausbildung zur psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen und damit deren Versorgung zerstören, verkennt den erfolgreichen Einsatz der Kammern für die psychotherapeutische Versorgung aller Altersgruppen in Bund und Land.

Die von der dgkjpf geforderte Gründung eigener Kammern für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen würde eine Änderung der Heilberufekammergesetze aller 16 Bundesländer voraussetzen und müsste ausschließlich von den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen getragen werden – auch finanziell. Die Folge wäre eine Kammer für Psychologische Psychotherapeut/innen, die weiterhin alle Altersgruppen behandeln dürften, und eine Kammer für Psychotherapeut/innen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln dürften. Das würde zu einer weiteren Zersplitterung der Psychotherapie führen und würde der gesamten Psychotherapeutenschaft schaden – besonders aber den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen.

Demokratisch zu sein erfordert auch, die Qualität demokratischer Entscheidungsprozeduren nicht in Abhängigkeit von deren Ergebnis zu bewerten. Wenn auf dem nächsten Deutschen Psychotherapeutentag am 15. November 2014 in München ein Beschluss über die zukünftige Gestaltung der Psychotherapie-Ausbildung getroffen werden sollte, dann geschieht das nach einem langen Prozess des Abwägens und Ringens zwischen verschiedenen Optionen und vielen Argumenten. Keiner der abstimmungsberechtigten Delegierten macht sich diese Entscheidung leicht. Dies bitten wir – jenseits aller inhaltlichen Kontroversen – zu respektieren.

Auch nach einem Beschluss auf dem kommenden Deutschen Psychotherapeutentag wird uns das Thema weiter beschäftigen, da noch viele Schritte zu tun sind einschließlich der Änderung von Gesetzen und Regelungen durch den Bundestag bzw. die Landesregierungen und nicht zuletzt dann deren Umsetzung. Wir möchten Sie alle bitten, sich weiterhin konstruktiv und unterstützend an diesem Prozess zu beteiligen. Von dieser Reform wird maßgeblich beeinflusst werden, wie wir und unsere nachfolgenden Kolleg/innen als Psychotherapeut/innen in Zukunft werden arbeiten können.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen 

Der Vorstand
 
Dr. Nikolaus Melcop, Präsident
Peter Lehndorfer, Vizepräsident
Dr. Bruno Waldvogel, Vizepräsident
Birgit Gorgas
PD Dr. Heiner Vogel
Dr. Anke Pielsticker
Benedikt Waldherr
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