Psychotherapeutenkammer Bayern

Informationsveranstaltung zur Kostenerstattung in der Psychotherapie: Grundlagen – Probleme – Perspektiven

Gesetzlich Versicherte müssen teilweise mit langen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz rechnen. Im Falle unaufschiebbaren Therapiebedarfs können sich diese Patient/innen unter bestimmten Voraussetzungen auch in einer Privatpraxis behandeln lassen, wenn vorab bei der Krankenkasse eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V beantragt wurde. Anfang Oktober lud die PTK Bayern alle Kammermitglieder, die entweder bereits in der Kostenerstattung tätig sind oder sich dafür interessieren, zu einer Diskussions- und Informationsveranstaltung in München ein.

Die Referent/innen ermöglichten einen informativen Austausch (v.l.n.r.): Dipl.-Psych. Karin Jeschke, Dr. Manfred Nosper, Dr. Felicitas Bergmann, Dipl.-Psych. Bernhard Winter und Vorstandsmitglied Heiner Vogel.

Vorstandsmitglied Heiner Vogel stellte anfangs die Position der PTK Bayern zur Kostenerstattung dar. Um dem tatsächlichen Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung nachzukommen, seien in vielen dringenden Fällen die Möglichkeiten zur Kostenerstattung unverzichtbar. Dennoch stelle die Kostenerstattung eine Ausnahmeregelung dar, denn die reguläre Bedarfsplanung für die Gruppe der Psychotherapeut/innen ist oft unzureichend– trotz der aktuellen Reform der Bedarfsplanung. Die vollständige Fokussierung auf eine Tätigkeit in der Kostenerstattung sei jedoch für Psychotherapeut/innen unsicher und wirtschaftlich nur als ein Zusatzangebot anzusehen. Herr Vogel erläutert: „Lange Wartezeiten müssen abgeschafft werden. Dann wäre die Lösung über die Kostenerstattung kaum mehr nötig. Das Thema Kostenerstattung wird von der PTK Bayern fortlaufend begleitet. Wir setzen uns dafür ein, dass die Probleme und die Anforderungen in der Gesundheitspolitik und auch bei den Krankenkassen weiterhin thematisiert werden!“ Im vergangenen Jahr beteiligte sich die PTK Bayern daher mit neun weiteren Landespsychotherapeutenkammern an einer Versorgungsstudie zur aktuellen Lage der außervertraglichen ambulanten Psychotherapien in Privatpraxen. Die Ergebnisse der Studie dienen u.a. als bessere Grundlage für die politische Diskussion.

Dipl.-Psych. Karin Jeschke, wissenschaftliche Referentin der Psychotherapeutenkammer Berlin, stellte die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung vor. Die Versorgungsstudie zeige, dass die gesetzlichen Krankenkassen seit 2017, trotz gegebener Voraussetzungen, deutlich mehr Anträge auf Kostenerstattung von außervertraglichen Psychotherapien ablehnen, als noch im Jahr 2016. Die Studie basiert auf einer Umfrage unter Psychologischen Psychotherapeut/innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen im 1. Quartal 2018 mit einem Rücklauf von über 2.400 Teilnehmenden. Die Bewilligungsquote von Anträgen auf Kostenerstattung sank demnach bei den Befragten binnen eines Jahres von 81% auf 47%. Im Falle der Bewilligung von Anträgen sank zudem der Umfang der genehmigten Therapiesitzungen durchschnittlich um knapp 25%. Die Bearbeitungsdauer der Anträge stieg jedoch von durchschnittlich 6,6 auf 8,4 Wochen (um 27%). Der ausführliche Ergebnisbericht dazu steht unten zum Download bereit.

Anschließend berichtete Dipl.-Psych. Bernhard Winter von seinen eigenen Erfahrungen. Er ist Psychologischer Psychotherapeut und behandelt gesetzlich Versicherte selbst auf Basis der Kostenerstattung. Er erläuterte, dass solange die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung eine unzumutbare Dauer aufweist, die Kostenerstattung eine Möglichkeit ist, kurzfristig auf die Kompetenz von Psychotherapeut/innen in privaten Praxen mit freien Behandlungsplätzen zurückzugreifen. Er appellierte an die PTK Bayern, das Thema Kostenerstattung verstärkt in die Gesundheitspolitik einzubringen und sich somit für die zahlreichen Kammermitglieder, die in diesem Bereich weiterhin tätig sind, und die Patient/innen einzusetzen.

Auch Dr. Felicitas Bergmann, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich Kostenerstattung. Sie berichtete über aktuelle Initiativen in diesem Bereich und insbesondere über die Internet-Plattform kassenwatch.de, auf der kontinuierlich versucht wird Erfahrungen, Probleme und Perspektiven für die Kostenerstattung fachkundig darzulegen und zu bewerten. Dabei ging sie auf Lösungsmöglichkeiten in der Praxis und auch auf Handlungsmöglichkeiten für Patient/innen, Psychotherapeut/innen und den gesamten Berufsstand ein.

Abschließend sprach Dr. Manfred Nosper, der ehemals im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz tätig war und dort Anträge auf Kostenerstattung bearbeitete. Er teilte mit den Teilnehmenden die Erfahrungen aus seiner ehemaligen Berufstätigkeit. Dabei gab er einen Überblick zu den Grundlagen und Anwendungen der Regelungen des § 13 Abs. 3 SGB V zur Kostenerstattung in der Psychotherapie und Hinweise zu den Anforderungen an die Antragsstellung.

Die Teilnehmenden nutzten die Veranstaltung, um sich intensiv mit den Referierenden und untereinander auszutauschen und zu diskutieren.

 

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