Professor Dr. med. Hartmut Radebold, gerne auch als Nestor der Alterspsychotherapie in Deutschland bezeichnet, eröffnete die Veranstaltung mit seinem Vortrag Psychodynamische Psychotherapie über Sechzigjähriger. Ausgehend von seiner Sichtweise auf Entwicklung als lebenslangen Prozess, betonte er, dass auch bei über Sechzigjährigen Psychotherapie möglich und erfolgreich sei. Er thematisierte unter anderem die Entwicklungsaufgaben des Alters wie den Umgang mit Verlusten, die zeit- und alterlose Wirkung des Unbewussten, das Fortbestehen libidinöser Bedürfnisse im Alter, die häufigen und unerkannten traumatischen Belastungen älterer Menschen (30% der Kriegskinder gelten als traumatisiert), die mangelhafte Differenzierung zwischen Depression und Demenz und die subjektive Bedeutung von (körperlichen) Befunden. Zu Interventionsstrategien machte er sehr konkrete Ausführungen, die bei ihm das Resultat inzwischen jahrzehntelanger Erfahrungen in der Psychotherapie älterer Menschen sind. So differenzierte er zwischen der Behandlung von Aktualkonflikten mit Kurz- oder Fokaltherapien und von repetitiven Konflikten bzw. neurotischen Kernkonflikten, die im Alter nach dem Ausscheiden aus einem sinnstiftenden Arbeitsleben wieder auftreten können. Er wies auch auf die Bedeutung begleitender Therapie bei körperlichen Erkrankungen und auf die Wichtigkeit der Begleitung von Angehörigen (z.B. bei Demenzerkrankungen) hin. Auch wies er darauf hin, dass den Besonderheiten von Übertragung und Gegenübertragung bei der Behandlung älterer Patienten besondere Aufmerksamkeit zu schenken sei. Sein Fazit ist eindeutig und kann auch als Programm verstanden werden: Psychotherapie mit Älteren ist möglich, sinnvoll und katamnestisch erfolgreich. Eine ausführliche Literaturliste zum Vortrag haben wir auf der unteren Download-Liste bereit gestellt.
Professor Dr. Dr. Andreas Maercker schloss sich mit seinem Vortrag Integrative kognitive Verhaltenstherapie bei Älteren an. Zentral für diesen Vortrag war sein Alters- und störungsspezifisches therapeutisches Rahmenmodell (ASR), das auch auf die Integration neuer Achtsamkeits- und Akzeptanz-Therapien und den Einsatz neuer Medien abzielt. Ausführlich ging der Referent auf das Thema Lebensrückblick ein. Es wurden Studien zu diesem Thema referiert und deren Bedeutung, beispielsweise bei der Behandlung von Depressionen und Traumastörungen, herausgestellt. Als Beispiel sei das Neuschreiben der persönlichen Lebensgeschichte genannt. Neuere Therapieansätze (Dritte Welle der VT) wie die Adaptation eines Achtsamkeitstrainings für ältere Patienten und die Achtsamkeits- und Commitment-Therapie wurden ebenso gewürdigt wie die Rückbesinnung auf eine existentielle Perspektive. Abgerundet wurde der Vortrag durch Ideen zum Einsatz neuer Medien in der Therapie mit Älteren (Butler-Programm). So zog der Referent das Fazit: Die Beachtung der Störungsspezifität und der Entwicklungsbesonderheiten Älterer spannen einen Raum für die Integration vieler therapeutischer Neuentwicklungen und Wiederentdeckungen auf. Die Folien des Vortrags haben wir in der unteren Download-Liste bereit gestellt.