Psychotherapeutenkammer Bayern

Psychotherapie für Ältere ist möglich, sinnvoll und katamnestisch erfolgreich

10. Mai 2011 - Am 7.5.2011 fand die gemeinsam von KVB und PTK Bayern konzipierte Fortbildungsveranstaltung „Psychotherapeutische Behandlung von älteren Menschen“ in den Räumen der KVB in der Elsenheimerstraße in München statt. Fast 100 ärztliche und psychologische Psychotherapeuten nahmen das Angebot wahr.

In seinem Grußwort stellte Dr. Bruno Waldvogel, Vizepräsident der PTK Bayern, die psychotherapeutische Unterversorgung älterer Menschen heraus, die auch im 6. Altenbericht aufgezeigt wurde. Besonders problematisch seien die hohen Raten an depressiven Erkrankungen im Alter, die drohende Festschreibung der gegenwärtigen Unterversorgung in der zukünftigen Bedarfsplanung und die intensive Behandlung älterer Menschen mit Psychopharmaka. Dr. Waldvogel verwies darauf, dass es den Veranstaltern gelungen sei, zwei der führenden Experten auf dem Gebiet der Alterspsychotherapie für die gemeinsame Veranstaltung zu gewinnen. Das Grußwort, mit weiteren Informationen zu den Referenten, können sie in der unteren Download-Liste nachlesen.

Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel (links) mit den beiden Referenten Prof. Dr. med. Hartmut Radebold (Mitte) und Prof. Dr. Dr. Andreas Maerker. (Foto: Dr. Manfred Ruoss)

Professor Dr. med. Hartmut Radebold, gerne auch als Nestor der Alterspsychotherapie in Deutschland bezeichnet, eröffnete die Veranstaltung mit seinem Vortrag „Psychodynamische Psychotherapie über Sechzigjähriger“. Ausgehend von seiner Sichtweise auf Entwicklung als lebenslangen Prozess, betonte er, dass auch bei über Sechzigjährigen Psychotherapie möglich und erfolgreich sei. Er thematisierte unter anderem die Entwicklungsaufgaben des Alters wie den Umgang mit Verlusten, die zeit- und alterlose Wirkung des Unbewussten, das Fortbestehen libidinöser Bedürfnisse im Alter, die häufigen und unerkannten traumatischen Belastungen älterer Menschen (30% der Kriegskinder gelten als traumatisiert), die mangelhafte Differenzierung zwischen Depression und Demenz und die subjektive Bedeutung von (körperlichen) Befunden. Zu Interventionsstrategien machte er sehr konkrete Ausführungen, die bei ihm das Resultat inzwischen jahrzehntelanger Erfahrungen in der Psychotherapie älterer Menschen sind. So differenzierte er zwischen der Behandlung von Aktualkonflikten mit Kurz- oder Fokaltherapien und von repetitiven Konflikten bzw. neurotischen Kernkonflikten, die im Alter nach dem Ausscheiden aus einem sinnstiftenden Arbeitsleben wieder auftreten können. Er wies auch auf die Bedeutung begleitender Therapie bei körperlichen Erkrankungen und auf die Wichtigkeit der Begleitung von Angehörigen (z.B. bei Demenzerkrankungen) hin. Auch wies er darauf hin, dass den Besonderheiten von Übertragung und Gegenübertragung bei der Behandlung älterer Patienten besondere Aufmerksamkeit zu schenken sei. Sein Fazit ist eindeutig und kann auch als Programm verstanden werden: Psychotherapie mit Älteren ist möglich, sinnvoll und katamnestisch erfolgreich. Eine ausführliche Literaturliste zum Vortrag haben wir auf der unteren Download-Liste bereit gestellt.

Professor Dr. Dr. Andreas Maercker schloss sich mit seinem Vortrag „Integrative kognitive Verhaltenstherapie bei Älteren“ an. Zentral für diesen Vortrag war sein Alters- und störungsspezifisches therapeutisches Rahmenmodell (ASR), das auch auf die Integration neuer Achtsamkeits- und Akzeptanz-Therapien und den Einsatz neuer Medien abzielt. Ausführlich ging der Referent auf das Thema Lebensrückblick ein. Es wurden Studien zu diesem Thema referiert und deren Bedeutung, beispielsweise bei der Behandlung von Depressionen und Traumastörungen, herausgestellt. Als Beispiel sei das „Neuschreiben der persönlichen Lebensgeschichte“ genannt. Neuere Therapieansätze („Dritte Welle der VT“) wie die Adaptation eines Achtsamkeitstrainings für ältere Patienten und die Achtsamkeits- und Commitment-Therapie wurden ebenso gewürdigt wie die Rückbesinnung auf eine existentielle Perspektive. Abgerundet wurde der Vortrag durch Ideen zum Einsatz neuer Medien in der Therapie mit Älteren („Butler-Programm“). So zog der Referent das Fazit: „Die Beachtung der Störungsspezifität und der Entwicklungsbesonderheiten Älterer spannen einen Raum für die Integration vieler therapeutischer Neuentwicklungen und Wiederentdeckungen auf“. Die Folien des Vortrags haben wir in der unteren Download-Liste bereit gestellt.

Rund 100 ärztliche und psychologische Psychotherapeuten nahmen an der Fortbildungsveranstaltung in der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns teil. (Foto: Dr. Manfred Ruoss)

Am Nachmittag bot sich die Gelegenheit die Inhalte der Vorträge in zwei parallelen Workshops mit den Referenten zu vertiefen. Dieses Angebot wurde gerne aufgenommen. Es ergaben sich zwei Runden, in denen Informationen vertieft, praktische Beispiele vorgestellt und Fragen ausführlich diskutiert wurden.

Die Veranstaltung war insgesamt sehr fruchtbar, so dass wir hoffen, auch in Zukunft in Kooperation mit der KVB Fortbildungen anbieten zu können.

PTK Bayern

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