Psychotherapeutenkammer Bayern

Resolution: Zur geplanten Europäisierung der Hochschulausbildung und der damit verbundenen Einführung eines zweistufigen Studiensystems

08. Dezember 2005 - Zur geplanten Europäisierung der Hochschulausbildung (Umsetzung der Beschlüsse von Bologna) und der damit verbundenen Einführung eines zweistufigen Studiensystems (Bachelor- und Masterstudiengänge):

  1. Der Masterabschluss ist die unverzichtbare Eingangsqualifikation für die Ausbildung zum Psychotherapeuten (Psychologischen Psychotherapeuten bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten).
  2. Das Psychotherapeutengesetz soll entsprechend eindeutig formuliert, d.h. geändert werden.
  3. Für die entsprechenden Master-Studiengänge muss eine ausreichende Anzahl Studienplätze ohne Quotierungen bereitgestellt werden.
  4. Bei der Akkreditierung neuer Studiengänge, die Grundlage für die Psychotherapieausbildung sind, sind die Psychotherapeutenkammern als Vertreter der Berufspraxis einzubeziehen.

Begründung:


Die Umstrukturierung der Hochschulstudiengänge nach dem sog. Bologna-Prozess betrifft die Heilberufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in besonderer Form. Beide Berufe basieren seit der Festlegung durch das Psychotherapeutengesetz (nach § 5 Abs. 2 PsychThG) auf einem spezifischen abgeschlossenen Hochschulstudium, an das sich die Ausbildung des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten anschließt, die dann mit einer staatlichen Prüfung endet, deren Bestehen wiederum eine Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Approbation ist.

Die Zulassungsvoraussetzungen zur Psychotherapieausbildung haben sich bewährt. Sie gewährleisten eine qualitativ hoch stehende und insbesondere für die Behandlung von Menschen mit psychischen Krankheiten unverzichtbare wissenschaftliche Grundkompetenz, die im Rahmen der Psychotherapieausbildung dann um die zur Ausübung der Heilkunde erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten erweitert werden kann.
Erreicht wird diese qualitativ hoch stehende Kompetenz dadurch, dass das PsychThG eine Zugangsqualifikation zur Psychotherapieausbildung vorgibt, die zu einer wissenschaftlich fundierten Berufsausübung befähigt. Eine solche Befähigung ist unverzichtbar, wird doch Psychotherapie wie in § 1 Abs. 3 PsychThG als „jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene (heilkundliche) Tätigkeit“ definiert. Wird zugleich die PsychoResolution zur Einführung des zweistufigen Studiensystems therapieausbildung gemäß § 1 Abs. 1 PsychTh-APrV bzw. KJPsychTh-APrV auf die Vermittlung psychotherapeutischer Verfahren und auf praxisnahe und patientenbezogene Durchführung begrenzt, also auf eine interventionsbezogene Ausbildung, so muss die wissenschaftlichmethodologische, forschungsbezogene Grundausbildung in dem vorausgehenden Studium erfolgen.

Eine umfassende wissenschaftliche Methodenkompetenz und vertiefte forschungsbezogene Expertise ist aber nicht nur gesetzesimmanent, sondern auch aus inhaltlichen Erwägungen unverzichtbar. Dies ist schon allein deshalb der Fall, weil die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über psychische Störungen und ihrer Feststellung, Heilung oder Linderung
ohne solche Kompetenzen nicht (kritisch) rezipiert und für die praktische Berufsausübung nutzbar gemacht werden könnte. Fehlten diese Kompetenzen, so wäre angesichts tausender einschlägiger wissenschaftlicher Publikationen pro Jahr zu befürchten, dass sich die Berufspraxis immer weiter von der wissenschaftlichen Entwicklung abkoppelt, mit allen nachteiligen Folgen für die Effektivität und Effizienz der psychotherapeutischen Berufsausübung und damit die Qualität der Versorgung. Zu demselben Ergebnis führt auch der Vergleich mit den Studiengängen und den Aus-, Fort- und Weiterbildungserfordernissen der übrigen akademischen Heilberufe.

Grundlage für den Erwerb der wissenschaftlichen Kompetenzen bildeten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des PsychThG Studiengänge, die in der Regel mit einer Diplomprüfung abschlossen. Diesen Qualitätsstandard gilt es auch bei Einführung der konsekutiven Bachelor-/Masterstudiengänge zu erhalten. Dieses Ziel würde verfehlt, sollte ein Studienabschluss als „Bachelor“
als Abschlussprüfung im Sinne des § 5 Abs. 2 PsychThG akzeptiert werden. Die erforderliche umfassende wissenschaftliche Methodenkompetenz und vertiefte forschungsbezogene Expertise bleibt in der Logik der Studienreform dem Studiengang zum „Master“ vorbehalten. Nur mit dieser Zugangsqualifikation lässt sich die bisherige aufgabenteilige Ausbildung mit einem wissenschaftlich qualifizierenden Studium und einer darauf aufbauenden interventionsbezogenen Psychotherapieausbildung aufrechterhalten.

Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn der Studienabschluss mit dem „Master“ als Zugangsvoraussetzung zur Psychotherapieausbildung bestimmt wird, und zwar in gleicher Weise für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten wie zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Auf diese Weise bliebe ein wissenschaftlich qualifizierendes (konsekutives) Studium Zugangsvoraussetzung, auf dem die Psychotherapieausbildung in ihrer jetzigen Form aufsetzen kann.

Bei der Einrichtung der Studiengänge darf keine Quotierung in der Form erfolgen, dass nur für einen Teil – beispielsweise 50% – der Studienplätze im Bachelorstudiengang ein Studienplatz in einem Masterstudiengang eingerichtet wird. Eine solche Quotierung hätte zur Folge, dass sich die bereits bestehenden Nachwuchsprobleme an Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in einem Maße verstärken würden, das zwangsläufig zu einem allmählichen Aussterben dieser Heilberufe führen würde.

Erhalten bleiben sollte im Falle der Psychologischen Psychotherapeuten die gesetzliche Bestimmung, dass der Studiengang das Fach Klinische Psychologie „einschließen“ muss. Zuzulassen wäre demnach der Master in Psychologie jedweder inhaltlichen Spezifizierung, sofern das Fach Klinische Psychologie eingeschlossen ist – nicht etwa ausschließlich Absolventen mit einem Master in Klinischer Psychologie.

Für die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind neben dem Psychologiestudium auch bestimmte andere Studiengänge qualifizierend. Dafür sind gemeinsam mit Vertretern der Universitäten und Fachhochschulen Inhalte von pädagogischen bzw. heil- oder sozialpädagogischen Masterstudiengängen zu definieren, die explizit spezifische klinische Resolution zur Einführung des zweistufigen Studiensystems Kenntnisse und Kompetenzen in Bezug auf die Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen vermitteln (z.B. zur psychologischen Diagnostik oder empirischen Sozialforschung).

Entscheidend für beide Berufe in gleicher Weise ist in erster Linie die forschungsbezogene Ausbildung, wie sie mit einem Master erworben wird zusätzlich zum inhaltlichen, klinischen Schwerpunkt.
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