Psychotherapeutenkammer Bayern

Über 400 Teilnehmer/innen beim 14. Suchtforum in München

Am 22. April 2015 fand im Münchener Amerikahaus das 14. Suchtforum mit dem Titel „Zwischen Genuss, Frust und Kontrollverlust – Essstörungen als ‘gewichtige‘ Herausforderung einer Konsumgesellschaft?!“ statt. Die Kooperationspartner des Suchtforums – PTK Bayern, Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS e.V., Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) sowie Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) – hatten mit dieser Veranstaltung das Ziel, wichtige Störungsformen des Essverhaltens und ihre pathologischen Verbindungen aufzuzeigen sowie Möglichkeiten der Intervention im Bereich Therapie und Prävention zu erörtern. Das 14. Suchtforum richtete sich an Psychologische Psychotherapeut/innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen, Ärztinnen und Ärzte, Apotheker/innen, Mitarbeiterinnen von Suchthilfeeinrichtungen und Beratungsstellen für Essstörungen, Erziehungsberatungsstellen, Lehrer/innen sowie mit dem Thema Essstörungen befasste Berufsgruppen.

Essstörungen sind schwere psychosomatische Erkrankungen. Schätzungen zufolge ist jeder fünfte Jugendliche gefährdet. Magersucht und Bulimie gehören dabei zu den häufigsten chronischen Krankheiten im Kindes- und Jugendalter. Werden Essstörungen nicht rechtzeitig behandelt, drohen körperliche Folgeschäden und Komplikationen. Essgestörte leiden häufig auch an Depressionen, Angststörungen und Substanzmissbrauch (z. B. Alkohol, Drogen, Medikamente).

Die Expert/innen informierten in ihren Fachvorträgen über Adipositas, Binge-Eating und andere Essstörungen sowie über die Chancen und Grenzen der psychotherapeutischen Ansätze bei Essstörungen. Darüber hinaus wurde den Fragen nachgegangen, ob es sich bei Essstörungen um Suchterkrankungen handelt und ob Schlankheitspillen wirklich helfen können oder nur einen Schwindel darstellen.

Vor der Veranstaltung fand im Amerikahaus eine Pressekonferenz statt, an der zahlreiche Journalist/innen teilnahmen. In ihrer gemeinsamen Presseerklärung forderten die Vertreter/innen der Kooperationspartner, PD Dr. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der PTK Bayern, Prof. Felix Tretter, Vorstand der BAS, Dr. Heidemarie Lux, Vizepräsidentin der BLÄK sowie Ulrich Koczian, Vizepräsident der BLAK, eine stärker integrierende ganzheitlich orientierte Sicht von Sucht, Gesundheit und Lebensstil anzustreben, um eine interdisziplinär ausgerichtete bestmögliche Behandlung der Patient/innen zu erreichen.

Die Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, verwies in ihrem Statement auf die alarmierend steigenden Zahlen der Patient/innen, die an Essstörungen leiden – Schätzungen zufolge seien es zwischen fünf und zehn Prozent der Bevölkerung. Eine krankhafte Störung des Essverhaltens könne schlimme Folgen haben. Damit es gar nicht so weit komme, setze Bayern auf bewährte Angebote zur Information und zur zielgruppengerechten Prävention. Daneben stünden Betroffenen und ihren Angehörigen 180 psychosoziale Suchtberatungsstellen in Bayern mit Rat und Unterstützung zur Seite. Auch die bayerischen Jugendämter und Erziehungsberatungsstellen böten Hilfestellungen an. Therapeutische und ärztliche Hilfe könnten Betroffene bei Psychologischen Psychotherapeut/innen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen sowie Fachärztinnen und Fachärzten erhalten. „Darüber hinaus stehen ihnen spezialisierte stationäre Behandlungseinrichtungen zur Verfügung“, so die Ministerin.

 

Melanie Huml, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege (vorne links) mit den Kooperationspartnern des 14. Suchtforums (hinten v. l.): Prof. Felix Tretter, Ulrich Koczian und PD Dr. Heiner Vogel. Vorne rechts Dr. Heidemarie Lux. (Foto: Johannes Schuster)

Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der PTK, wies in der Pressekonferenz darauf hin, dass mit dem Essen bestimmte psychische Zustände und Emotionen verknüpft seien, die sich je nach biografischer Entwicklungsgeschichte und sozialen Erfahrungen unterscheiden und zur Entstehung einer Essstörung beitragen könnten. Essen könne beispielsweise mit Versorgung, Zuwendung und Geborgenheit assoziiert werden, als Ersatzbefriedigung bei Frustration oder Langeweile dienen oder zur Belohnung und Bestrafung eingesetzt werden. „In der Behandlung von Essstörungen ist ein möglichst umfassender therapeutischer Ansatz ausschlaggebend, da zahlreiche verschiedene psychosozialen und individuellen Faktoren berücksichtigt werden müssen“, erklärte Vogel. Im Rahmen der Pressekonferenz gab Heiner Vogel ein Interview für SAT 1 Bayern. Den Fernsehbeitrag, der am 22.04.2015 ausgestrahlt wurde, können Sie hier ansehen.

 

Vorstandsmitglied PD Dr. Heiner Vogel auf der Pressekonferenz im Amerikahaus (Foto: Johannes Schuster)

Die Präsentationen der Fachvorträge der Referent/innen, die Presseinformation und die Statements der Expert/innen der Pressekonferenz können Sie als pdf-Dateien in der unteren Liste herunterladen.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml warnte in ihrem Grußwort vor einem Anstieg von Essstörungen wie Magersucht bei jungen Menschen. „Oft verbirgt sich hinter einer Essstörung ein Hilfeschrei nach Aufmerksamkeit und Verständnis. Sowohl Eltern als auch Lehrerinnen und Lehrer müssen verstärkt sensibilisiert werden, auf mögliche Warnhinweise zu achten“, so die Ministerin. Huml hob auch die Beratungsstelle für Essstörungen 'Cinderella' hervor, die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, vom Bezirk Oberbayern und der Landeshauptstadt München gefördert und finanziert wird. 'Cinderella' leiste mit Vorträgen, Workshops und Fortbildungen einen wertvollen Beitrag in der Präventionsarbeit. Daneben biete 'Cinderella' Ernährungsberatungen an und organisiere Selbsthilfegruppen. Außerdem sei das Projekt mit Online-Chats und dem internetbasierten Selbsthilfeprogramm 'Salut' im Netz präsent. Tiefe Einblicke in die Gefühlswelt essgestörter Patient/innen gewähre darüber hinaus die Ausstellung 'Klang meines Körpers', die in der Aufklärungsarbeit an Schulen seit 2009 erfolgreich eingesetzt werde.

Die Themen der Fachvorträge im Überblick: 

  • Die süchtige Essstörung? Sind Essstörungen Suchterkrankungen: eine kritische Betrachtung
    (Dr. Christoph Gruber, Psychosomatische Klinik Windach) 
  • Schlankheitspillen: echte Hilfe oder Schwindel?
    (Margit Schlenk, Fachapothekerin, Neumarkt in der Oberpfalz) 
  • Adipositas, Binge-Eating & Co.
    (Prof. Dr. Hans Hauner, Klinikum rechts der Isar, München) 
  • Psychotherapeutische Ansätze bei Essstörungen: Chancen und Grenzen
    (Prof. Dr. Tanja Legenbauer, LWL Universitätsklinik Hamm der Ruhr-Uni-Bochum)
 

 

Das 14. Suchtforum im Münchner Amerikahaus bot den zahlreichen Teilnehmer/innen erneut Gelegenheit zum interdisziplinären Fachaustausch. (Foto: Johannes Schuster)

Das 14. Suchtforum wird mit den gleichen Inhalten am 04.12.2015 in der Meistersinger-Halle in Nürnberg wiederholt.

 

 

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