Psychotherapeutenkammer Bayern

PTK Bayern fordert Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung statt geplanter Verschlechterung

Pressemitteilung
27. Juli 2011 - „Die langen Wartezeiten in der Psychotherapie sind für Patienten, Psychotherapeuten und die Allgemeinheit eine unzumutbare Belastung“, kritisiert Dr. Nikolaus Melcop, Präsident der Psychotherapeutenkammer Bayern. „Psychische Krankheiten werden dadurch in vielen Fällen verschlimmert und es entstehen zusätzlich Kosten und Aufwand.“ Aber die Politik plant gegenwärtig genau das Gegenteil: Wenn das geplante Versorgungsstrukturgesetz nach den derzeitigen Vorlagen verabschiedet wird, ist auch in Bayern ein massiver Abbau in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung zu erwarten. Aufgrund einer veralteten und willkürlichen Bedarfsplanung gilt ganz Bayern im Bereich der Psychotherapie als überversorgt. Deshalb droht ein Abbau von 1.168 von 2.735 psychotherapeutischen Praxissitzen. „Die Wartezeiten auf einen Behandlungstermin und der Anteil nicht behandelter Patienten werden sich dadurch weiter drastisch erhöhen“, warnt Melcop.Die Psychotherapeutenkammer fordert eine Anpassung der Bedarfsplanung und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung.

Eine letzte Woche veröffentlichte Studie aller deutschen Landespsychotherapeutenkammern und der Bundespsychotherapeutenkammer hat ergeben, dass Menschen in Bayern im Durchschnitt in ländlichen Kreisen 24 Wochen auf einen Psychotherapieplatz warten müssen, in der Stadt 20 Wochen. Die langen Wartezeiten tragen dazu bei, dass das Risiko besteht, dass sich psychische Erkrankungen verschlimmern und verlängern. Insgesamt findet auch immer noch ein großer Teil von den behandlungsbedürftigen Patient/inn/en überhaupt nicht den Weg in die Psychotherapie.
 
Sowohl die Unterversorgung als auch die erhebliche Zunahme psychischer Krankheiten spiegelt sich gleichzeitig in der massiven Zunahme an stationären Aufenthalten wider. Viele Kliniken in diesem Bereich haben ebenfalls lange Wartezeiten.
 
Unbehandelt verlaufen psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Zwangserkrankungen oft chronisch und die Patienten leiden zusätzlich an weiteren Komplikationen und gravierenden Folgen in ihrer gesamten Lebensführung.Darüber hinaus sind auch bei diversen körperlichen Erkrankungen psychische Faktoren relevant und psychotherapeutisch gut behandelbar. „Enormes individuelles Leid und hohe Kosten für die Allgemeinheit könnten bei geringeren Wartezeiten und besseren Rahmenbedingungen für Psychotherapeuten vermieden werden“, betont Melcop.
 
Die derzeit gültige sogenannte Bedarfsplanung hat keinen Bezug zum realen Bedarf. Es besteht das Risiko, dass im Planungsbereich München Stadt damit 502 der 1.013 Praxissitze „abbaubare Überversorgung“ sind. In Augsburg fielen 34 Sitze weg, in Dachau 61, in Nürnberg 19, in Regensburg 40, in Rosenheim 54 und in Würzburg 34.
 
Bundesweit sind 6.000 der rund 21.000 Praxissitze durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom Abbau bedroht.
 
Die Zahl psychischer Erkrankungen ist in den letzten Jahren permanent stark gestiegen, wie beispielsweise die Reporte der Krankenkassen belegen. Die Verschreibung von Psychopharmaka hat ebenfalls massiv zugenommen. Die psychotherapeutische Versorgung ist jedoch vollkommen unzureichend. Nach der sogenannten Bedarfsplanung hat beispielsweise der Planungsbereich Rhön-Grabfeld einen psychotherapeutischen Versorgungsgrad von 358,8 Prozent, obwohl mit nur rund 16 Psychotherapeuten 40 Prozent weniger psychotherapeutische Leistungserbringer je 100.000 Einwohner zugelassen sind als im Bundesdurchschnitt.
 
„Es sind eine neue Form der Bedarfsplanung und weitere Maßnahmen erforderlich, die die notwendige psychotherapeutische Versorgung flächendeckend und vorausschauend sicherzustellen“, fordert der Kammerpräsident. „Für die Versorgung psychisch kranker Menschen muss zuerst der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad für die Psychotherapeuten zum Stand 31. Dezember 2011 neu ermittelt werden.
 
Darüber hinaus sollte sich die Bedarfsplanung an der Häufigkeit von Krankheiten in der Bevölkerung und an deren demografischen Strukturen orientieren. Und sie sollte vorausschauend sein.“
 
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