Psychotherapeutenkammer Bayern

10 Jahre PTK Bayern - 600 Kammermitglieder, Politiker und Ehrengäste feierten das Jubiläum

600 Kammermitglieder, Amts- und Mandatsträger aus Politik und Gesundheitswesen, Präsidenten anderer Kammern, Verbandsvorsitzende und weitere Ehrengäste wurden auf der Festveranstaltung am 26.4.2013 durch mehrere Grußworte und Festvorträge an wichtige und erinnerungswerte Stationen der letzten zehn Jahre Kammerarbeit mitgenommen. Nach den Vorträgen konnten sie dann im lockeren Beisammensein in kleinen Runden die Meilensteine der PTK Bayern noch einmal Revue passieren lassen – begleitet von den Swing- und Jazzklängen der „Ellingtonians“.

Der Vorstand der PTK Bayern mit Ehrengästen (v. l.): Dr. Wolfgang Krombholz (Vorsitzender des Vorstands der KVB), Dr. Anke Pielsticker, Dr. Max Kaplan (Präsident der Bayerischen Landesärztekammer), Dr. Nikolaus Melcop, Dr. Wolfgang Heubisch (Staatsminister), Benedikt Waldherr, Dr. Bruno Waldvogel, Peter Lehndorfer, Dr. Heiner Vogel, Prof. Rainer Richter (Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer), Dr. Fritz Kempter (Präsident des Verbandes Freier Berufe in Bayern), Birgit Gorgas und Ministerialdirektor Michael Höhenberger (Bayerisches Gesundheitsministerium). (Foto: Siegfried Sperl)

Nach der Begrüßung durch Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop hob der bayerische Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch, der die Glückwünsche des Ministerpräsidenten und der Bayerischen Staatsregierung überbrachte, in seinen Grußworten die Zunahme an psychischen Erkrankungen hervor, die eine Herausforderung für unser Gesundheitswesen und unsere Gesellschaft darstellten. Weiter betonte er, dass die bayerischen Hochschulen für entsprechende Kapazitäten in den Studiengängen sorgten, die den Zugang zur Ausbildung zur/zum Psychotherapeut/in/en ermöglichten. „Die Psychotherapeutenkammer Bayern gestaltet die Rahmenbedingungen für Ihre Berufsgruppe mit hoher Kompetenz und großem Engagement mit. Binnen kürzester Zeit hat sie sich etabliert als wichtiger Ansprechpartner und wertvoller Ratgeber für die weiteren Akteure im Gesundheitswesen.“

Dr. Wolfgang Heubisch, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst. (Foto: Siegfried Sperl)

Ministerialdirektor Michael Höhenberger, der in Vertretung des bayerischen Gesundheitsministers Dr. Marcel Huber die Grußwort sprach, erinnerte an die Bedeutung des Psychotherapeutengesetzes: „Das Psychotherapeutengesetz hat das Berufsbild der Psychotherapeuten aus der ‘Esoterik-Ecke‘ geholt. Es hat einen anerkannten und profilierten Heilberuf geschaffen. Das Psychotherapeutengesetz ist eine Erfolgsgeschichte. Das war jedoch nur möglich, weil Sie alle sich mit sehr viel Engagement, Ernsthaftigkeit und Idealismus den neuen Anforderungen gestellt haben.“ Darüber hinaus bedankte er sich für die Mitarbeit unserer Kammer in den unterschiedlichsten Gremien: „Ihre Expertise war und ist von großem Wert.“ Mit Blick auf die Ausbildung sagte er: „In Bayern ist stets der Masterabschluss des betreffenden Studiengangs Voraussetzung für den Beginn der Psychotherapeutenausbildung. Dies gilt nicht nur für die Ausbildung zum Psychologischen, sondern auch zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.“ In weitläufiger Anlehnung an ein Zitat von Sigmund Freud beendete Höhenberger sein Grußwort mit den Worten: „Hinter jedem erfolgreichen Berufsstand steht auch eine starke Kammer!“

Ministerialdirektor Michael Höhenberger, Bayerisches Gesundheitsministerium: „Die Bayerische Psychotherapeutenkammer hat ihren Platz im Gesundheitswesen gefunden. Sie ist daraus nicht mehr wegzudenken.“ (Foto: Siegfried Sperl)

Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, erinnerte in seinem Grußwort an die Entstehungsgeschichte des Psychotherapeutengesetzes und den wesentlichen Beitrag des damaligen Bundesgesundheitsministers und heutigen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Er hob das besondere Engagement der PTK Bayern sowohl auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene hervor. Er zeigte sich beeindruckt und zollte der PTK Bayern Respekt für die große Zahl der Teilnehmer an der Festveranstaltung.

Prof. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. (Foto: Siegfried Sperl)

Dr. Fritz Kempter, Präsident des Verbandes Freier Berufe in Bayern, bezeichnete die PTK Bayern in seinem Grußwort als Musterbeispiel einer freiberuflichen Berufsvertretung: „Sie sind das jüngste Kammermitglied in den Reihen des VFB, aber seit Beginn Ihrer Mitgliedschaft immer wieder durch hohes persönliches und sachkundiges Engagement in unserer Verbandstätigkeit präsent.“ Kempter brach darüber hinaus eine Lanze für das freiberufliche Kammersystem und betonte: „Die Vorteile unserer demokratischen, kosteneffizienten und transparenten Selbstverwaltung werden in diesem Zusammenhang negiert. Man will nicht wahrhaben, dass wir durch unsere Selbstverwaltung insbesondere mit den vielen ehrenamtlich bei uns tätigen Berufsträgern den Staat kostenmäßig unerhört entlasten. Darüber hinaus haben die Kammern aber auch eine wesentliche Funktion in unserer Gesellschaft.“

Dr. Fritz Kempter, Präsident des Verbandes Freier Berufe in Bayern. (Foto: Siegfried Sperl)

Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop streifte in seinem Vortrag zunächst kurz durch die historische Vorgeschichte in der Entwicklung des Berufsstandes. Seit der konstituierenden Delegiertenversammlung am 9.4.2003 habe sich die Kammer intensiv insbesondere mit der psychotherapeutischen Versorgung befasst, schon von Beginn an auf die Unterversorgung hingewiesen und auf politische Weichstellungen Einfluss genommen: So habe die PTK Bayern beispielsweise maßgeblich mit dazu beigetragen, dass die bayerische Staatsregierung, der Bundesrat und der Bundestag davon überzeugt werden konnte, dass die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen durch die Einführung der 20%-Quote verbessert werden müsse. Des Weiteren werde es in Bayern nach jahrelanger intensiver Lobbyarbeit im Zuge der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie 273 neue Sitze für Psychotherapeut/innen geben. Melcop hob auch den Einsatz der Kammer für die Prävention psychischer Störungen hervor. Er erläuterte das seit 2003 kontinuierliche Engagement am Beispiel unterschiedlicher Gruppen von Patient/innen, die eine Unterstützung besonders benötigen. Mit der Berufsordnung als Grundlage der Berufsaufsicht und des Patientenschutzes und mit der Fortbildungsrichtlinie zur Dokumentation der Qualität der Fortbildung konnten wesentliche Ankerpunkte gesetzt werden. Die Schaffung eines berufsständischen Versorgungswerkes für die bayerischen Psychotherapeut/innen, die Aufklärung der Öffentlichkeit über psychische Störungen, die Positionierung der Belange des Berufsstandes auf europäischer Ebene und der Einsatz für Psychotherapeut/innen in Ausbildung waren weitere wichtige Schwerpunkte. Mit Blick auf die anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen forderte er am Ende seines Vortrags die notwendige Reform der Ausbildung und weitere wichtige Verbesserungen der Versorgungsstruktur im ambulanten und stationären Bereich und der Rahmenbedingungen der Tätigkeit und eine deutlich höhere Vergütung für Psychotherapeut/innen.

Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Siegfried Sperl)
Den Festvortrag hielt Prof. Dirk Revenstorf, Universität Tübingen, mit dem Titel „Liebe, Narzissmus und Psychotherapie in der Postmoderne“. Die postmoderne Beziehungskultur sei charakterisiert durch unbegrenzte persönliche Freiheit, eine von Peinlichkeit und Prüderie befreite Sexualität, ungezwungenes Körperbewusstsein und unbefangenes Streben nach Glück. Diese neue Natürlichkeit finde sich dann auch in fröhlicher Sexualisierung der Werbung sowie ungenierten Angeboten auf dem Beziehungsmarkt. Ein weiteres zentrales Charakteristikum sei eine „baldige Vorherrschaft der Frauen“, eine These, die er mit diversen Statistiken aus diversen Weltregionen belegte. So hatten in den USA Frauen 2011 bereits 51 Prozent der Positionen in gelernten Berufen und Management inne. Von einem narzisstischen Zeitalter könne insofern die Rede sein, als dass starkes Autonomiebedürfnis, Nichteinlassung in tiefe Beziehungen, exhibitionistische Selbstdarstellung, unempathische Gewaltdarstellung zu Unterhaltungszwecken, Idealisierung von Medienfiguren und innere Leere überdeckt durch rücksichtloses Erfolgsstreben, gierige Ansprüchlichkeit, Nutzung von Sex als Konsum, durchaus als Merkmale postmodernen Zeitgeistes gesehen werden können und allesamt Züge einer narzisstischen Persönlichkeit seien. Postmodernen Liebesbeziehungen mangele es an Verbindlichkeit. Durch ihre zunehmende finanzielle Unabhängigkeit ließen sich Frauen nicht mehr in den „häuslichen Gulag“ verbannen. Marktorientierte Partnerwahl und Bindungsscheu sowie die Entkoppelung von Sexualität und Bindung führten zu einer Konsumhaltung, die dauerhafte Beziehungen erschwerten und einer narzisstischen Persönlichkeit entgegenkämen. Die narzisstische Komponente der gegenwärtigen Kultur sei auch dadurch individualistisch geprägt, weil es in ihr an der Empathie für die anderen fehle. Auf der anderen Seite konzentriere sich die Glücksuche und die Stabilisierung des Selbstwertes bei den Mitgliedern der einsamen Masse wie nie zuvor auf die Liebesbeziehung, die aber nur mit Empathie und tieferer Einlassung gelinge. Prof. Revenstorf erläuterte dann anhand von Beispielen aus der Praxis, wie die dargestellten Probleme insbesondere in Paartherapie aufgegriffen werden können. Am Ende seines Festvortrags zitierte er aus einem Gedicht von Gibran: „Und die Liebe ist die Gnade, die das Leben mit Sinn erfüllt.“
Prof. Dirk Revenstorf, Universität Tübingen. (Foto: Siegfried Sperl)
Die Jazz- und Swingklänge der „Ellingtonians“ gaben der Festveranstaltung das gewisse Etwas. (Foto: Siegfried Sperl)

Die Grußworte und den Festvortrag finden Sie in den unten stehenden pdf-Dateien, die zum Downloaden vorbereitet sind.

Die ersten zehn Jahre unserer Kammer vertieften die Teilnehmer/innen des Festakts in zahlreichen persönlichen Gesprächen, bei denen auch so manche Anekdoten ausgetauscht wurden. (Foto: Siegfried Sperl)
VOILA_REP_ID=C12576B1:002BE964