Psychotherapeutenkammer Bayern

Keine angemessene Bedarfsplanung für Psychotherapie: Antwort der Bundesregierung zur Anfrage der Grünen verdeutlicht größte Ungleichverteilung bei Psychotherapeut/inn/en

25. Juli 2011 - Die sogenannte Bedarfsplanung im Bereich der Psychotherapie steht weiter unter massiver Kritik: Die am 18.7.2011 veröffentlichte Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bestätigt, dass sich das ungünstige Versorgungsverhältnis in den ländlichen Regionen bei den Psychotherapeuten noch sehr viel mehr von den städtischen Regionen unterscheidet als bei Hausärzten und anderen Facharztgruppen. Bei Hausärzten beträgt das Verhältnis zwischen den Städten und ländlichen Regionen 1:1,6, bei Frauenärzten 1:3, bei Nervenärzten 1:6, Radiologen 1:7, bei Psychotherapeut/inn/en jedoch 1:16. Das heißt, in ländlichen Regionen gibt es pro 100.000 Einwohner 45 Mal weniger Psychotherapeut/inn/en als in Städten. Daran wird der irreführende Charakter dieser sogenannten Bedarfsplanung besonders deutlich – in Bezug auf den realen Bedarf arbeiten auch in städtischen Bereichen immer noch zu wenige Psychotherapeut/inn/en.

„Psychisch kranke Menschen müssen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land viel zu lange auf einen Psychotherapieplatz warten oder können gar nicht an einen Psychotherapeuten vermittelt werden. Dazu kommt, dass sie in ländlichen Regionen aufgrund der derzeitigen eher willkürlich festgelegten Planungszahlen noch viel schlechter versorgt werden – auch im Vergleich mit Patienten mit körperlichen Erkrankungen“, kritisiert Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. „Es ist daher dringend notwendig, die Verhältniszahlen unserer Berufsgruppe pro 100.000 Einwohner in den Planungsbereichen neu zu berechnen.“

Die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollte Aufschluss darüber geben, ob die hohen Ungleichverteilungen in der Psychotherapeutenschaft auch in anderen Arztgruppen auftreten oder ob diese Ungleichgewichte bei Psychotherapeut/inn/en Folge der völlig überholten Bedarfsplanung aus dem Jahre 1999 sind und daher eine spezifische Änderung sinnvoll ist. Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass es bei allen Arztgruppen im Verhältnis Stadt und Land pro 100.000 Einwohner eine Ungleichverteilung gibt. Die mit Abstand größte Ungleichverteilung tritt jedoch bei den Psychotherapeut/inn/en auf. Ziel sei es, so die Antwort der Bundesregierung wörtlich, „mit Hilfe einer präziseren Bedarfsplanung sachgerechtere Entscheidungen zu ermöglichen“. Basis des derzeitigen Entwurfs des geplanten GKV-Versorgungsstrukturgesetzes sind jedoch überholte Planungszahlen, die vor zehn Jahren den damaligen Versorgungsgrad als Status quo festschrieben.

Für ihre Antwort hat das Bundesministerium für Gesundheit im Auftrag der Bundesregierung die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) um Mitteilung der gewünschten Daten gebeten. Die KBV räumte ein, dass die Daten der Psychotherapeut/inn/en jedoch auf einer anderen Basis geliefert wurden als bei den übrigen Arztgruppen. Bei den Psychotherapeut/inn/en seien die tatsächlichen Versorgungsgrade auf Basis der Zahlen von 1999 und nicht die heute rechnerisch zu ermittelnden Versorgungsgrade angegeben worden. Letztere sind hinsichtlich der Niederlassungsmöglichkeiten ausschlaggebend. Daraus könnte auch nach einer gesetzlichen Neuregelung immer noch der Schluss gezogen werden, dass sich entgegen der Antwort der Bundesregierung auch in den schlecht versorgten Planungsbereichen Psychotherapeut/inn/en nicht niederlassen können. Bündnis 90/Die Grünen haben diesbezüglich erneut eine schriftliche Frage eingereicht.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Bundespsychotherapeutenkammer.

Bitte lesen Sie hierzu auch unsere Homepagemeldung vom 24.2.2011.

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